Preise & Auszeichnungen
Seit vielen Jahren vergeben die IJP regelmäßig Preise an Journalist:innen für herausragende Reportagen und Essays. Die Preisverleihung findet im Rahmen des jährlichen Arthur F. Burns Dinners in Berlin statt.
Der Jury der mit jeweils 2.000 Euro dotierten Preise gehören die Journalist:innen und Kurator:innen bzw. früheren Preisträger:innen Barbara Junge (die tageszeitung), Stefan Kornelius (Süddeutsche Zeitung), Michael Bröcker (Table.Media), Professor Manuel Hartung (ZEIT-Stiftung), Elisabeth Niejahr (Hertie-Stiftung) sowie Frank-Dieter Freiling (ZDF) an.
Die Bewerbungsfrist für den Arthur F. Burns- und den George F. Kennan Preis ist jeweils der 31. Januar eines Jahres. Einreichungen per Email an freiling@ijp.org
Arthur F. Burns Preis
Der Arthur F. Burns Preis wird verliehen durch den Bundesminister des Auswärtigen an je einen deutschen und einen nordamerikanischen Burns-Alumni, der/die im vergangenen Kalenderjahr in bemerkenswerter und herausragender Weise, unter Berücksichtigung besonderen journalistischen Könnens, einen Beitrag zur politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Situation des jeweiligen Partnerlandes oder zu den transatlantischen Beziehungen veröffentlicht hat.
Preisträger:innen Arthur F. Burns Preis
Deutschsprachiger Beitrag:
„Und tot bist du“ | Josef Wirnshofer
SZ, 23.11.2023
Der Preis für den besten deutschsprachigen Beitrag wird in diesem Jahr an den Redakteur der Süddeutschen Zeitung, Josef Wirnshofer, verliehen. Ausgezeichnet wird der Beitrag „Und tot bist du“, erschienen in der SZ am 23. November 2023. Berichte über Waffengewalt gehören traurigerweise zum journalistischen Alltag in den USA. Josef Wirnshofers Reportage aus Philadelphia ist aber alles andere als alltäglich, weil sie die Teufelsspirale aus Armut, Drogen und Waffen in einer außergewöhnlichen Intensität beschreibt – am Beispiel einer jungen Frau Roz Pichardo, die in ihrem Leben gleich dreimal Morde und Selbstmord in der Familie verkraften musste und dennoch die Hoffnung nicht aufgegeben hat und sich mit einem außergwöhnlichen Projekt für die Rettung ihrer Stadt einsetzt. Eine Erzählung aus einfühlsamer Nähe und in bedrückender Härte.
Englischsprachiger Beitrag:
„A Tale of Two Germanies“ | Allison Meakem
ForeignPolicy.com, 01.10.2023
Die Jury hat entschieden den Preis für den besten nordamerikanischen Beitrag zu verleihen an die US-Journalistin Allison Meakem, Associate Editor be der Monatszeitschrift Foreign Policy, für den Beitrag „A Tale of Two Germanies“, erschienen in ForeignPolicy.com am 1. Oktober 2023. Unter dem Eindruck des Krieges in Gaza ringt Deutschland aktuell um seine Erinnerungskultur. Denn unsere unverbrüchliche Treue zu Israel wird von einigen gesellschaftlichen Gruppen, gerade von vielen der Jüngeren, in Frage gestellt. Geschichte ist ein lebendiger Prozess, selbst diese Frage wird neu ausgerollt. All dies konnte Allison Meakem nicht wissen, als sie „A Tale of Two Germanies“ geschrieben hat. Doch schon in ihrem Essay über den innerdeutschen Ost-West-Konflikt spürt Meakem die Brüche in der deutschen Erinnerungskultur auf und sieht, wie gerade das historische Selbstverständnis neu ausgehandelt wird. Meakem taucht tief in deutsche Debatten ein und verknüpft sie zu einem Text, der nachdenklich macht.
Lobend erwähnen möchte die Jury den Redakteur des The New Republic, Ali Breland, mit seinem Beitrag „Surviving Germany’s Neo-Nazi Resurgence“, erschienen in der Zeitschrift am 26. April 2023.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Star Track“ | Christoph Farkas
ZEIT CAMPUS, 22.11.2022
ZEIT ONLINE, 16.12.2022
Der Preis für den besten deutschsprachigen Beitrag wurde in diesem Jahr an den Redakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT, Christoph Farkas verliehen. Ausgezeichnet wird der Beitrag „Star Track“, erschienen am 22. November 2022 in ZEIT CAMPUS, und am 16. Dezember auf ZEIT ONLINE. Farkas führt dabei die Protagonisten einer Geschichte ein, als ob er den Leser einfach zum Treffen mitgenommen hätte. So lernt man Jack Sweeney kennen, den Nerd, der den Twitter-Bot @ElonJet programmiert hat und damit Elon Musks Flugreisen trackt. Die Jury zeichnet Christoph Farkas für diese Geschichte aus, die so wundervoll amerikanisch-nicht-trumpistisch ist. Auch dieser gewürdigte Beitrag zeigt, dass Farkas sein Burns Fellowship genutzt hat, Geschichten aus den USA zu erzählen, die das Land der Möglichkeiten in Erinnerung ruft.
Englischsprachiger Beitrag:
„They translated Hamilton into German. Was it easy? Nein“ | Michael Paulson
The New York Times, 14.09.2022
Lobend erwähnen möchte die Jury die ZEIT-Korrespondentin Kerstin Kohlenberg für ihren am 20. Oktober 2022 im Dossier erschienen Beitrag „Das Gesetz der Spaltung“, der sich mit der Relevanz der amerikanischen Verfassung wenige Wochen vor den Kongresswahlen 2022 beschäftigt.
Lobend erwähnen will die Jury Andrew Curry, freier US-Korrespondent in Berlin, für seinen am 2. Dezember 2022 im „Science“-Magazin erschienenen Beitrag: „Meeting the ancestors“, der sich mit den Erkenntnissen von DNA-Funden auf einem mittelalterlichen Friedhof für die heutige jüdischen Gemeinde beschäftigt.
Deutschsprachige Beiträge:
„Der Sturm auf das Kapitol war erst der Anfang“ | Ibrahim Naber
Welt am Sonntag
„Die Angreifer auf das Kapitol“ | Jonas Schreijäg
ARD / NDR, 14.12.2021
Ausgezeichnet wird das von Naber und Schreijäg gemeinsame, während des Burns Fellowships 2021 recherchierte und umgesetzte Projekt, veröffentlicht am 2. Januar 2022 als vierseitiges Titelthema der Welt am Sonntag „Der Sturm auf das Kapitol war erst der Anfang“, sowie als 30-minütige TV-Dokumentation „Die Angreifer auf das Kapitol“, ausgestrahlt ab dem 14.12.2021 in der ARD Mediathek, sowie linear am gleichen Tag auf NDR und Phoenix. Der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 ist der schwarze Fleck der US-amerikanischen Demokratiegeschichte. Die beiden Autoren erzählen die Geschichte, warum die Angeklagten dieser Attacke für viele Amerikaner Freiheitshelden sind. Nüchtern im Ton, geradlinig in der Erzählweise, düster und bildstark inszeniert, wird der Blick auf ein Amerika sichtbar, das sich eingenistet hat im Wahn gegen die Washingtoner Elite nach dem Ende der Präsidentschaft Trump. Naber und Schreijäg setzen dabei vor allem auf die beklemmende Wirkung der Gespräche mit dem Rädelsführer der Kapitol-Erstürmer sowie Besuchen bei Trump-Anhängern in Montana. So entstand eine beeindruckende Politik-Dokumentation medienübergreifend als Print- und TV-Produkt, die als besonders auszeichnungswürdig bewertet wurde.
Lobend erwähnen will die Jury die außenpolitische Redakteurin der Schweizer Tageszeitung „Blick“, Fabienne Kinzelmann, die während ihres Fellowships in Washington DC auf bemerkenswert einfühlsame und beeindruckende Weise politische Themen an die eher weniger politisch interessierte Leserschaft eines Boulevard-Mediums herangetragen hat. Dies geschah durch einen wöchentlichen Newsletter auf blick.ch, der sich, ergänzt durch Bildmaterial und Statistiken, mit dem US-Präsidenten, seiner Politik, den tagesaktuellen Themen der US-Hauptstadt, aber auch dem Terror, der Ehe für alle und Donald Trumps politischen Spielen beschäftigt. Gleiches gilt für die umfassende Analyse und Darstellung des 20. Jahrestages von 9/11, den sie ebenfalls auf blick.ch am 11. September 2021 bild- und textstark präsentiert.
Deutschsprachiger Beitrag:
Wöchentlicher Newsletter zur US-Berichterstattung | Fabian Reinbold
T-Online
Ausgezeichnet wird, in einem Jahr umfassender US-Berichterstattung, der jeweils freitags erscheinende Newsletter, den der Washingtoner Korrespondent von t-online, Fabian Reinbold, seit Herbst 2018 erstellt und der im Wahljahr 2020 zur Höchstform kam. alle deutschen Korrespondent:innen in den USA kämpfen mit zwei großen Herausforderungen: Zugang zu US-Größen zu bekommen, und sich abzusetzen vom ewigen Strom anderer Kommentare und Einschätzungen. Reinbold ist beides in seiner Tätigkeit beispielhaft gelungen: er hat mit viel Engagement und Beharrlichkeit spannende amerikanische Gesprächspartner gewonnen. Und er hat in seinem Newsletter immer wieder eigene Blickwinkel und Perspektiven gefunden, die nicht überall zu lesen waren. So hat er sich eine treue und stetig wachsende Fangemeinde erarbeitet. Aktuell 38.000 Abonnenten sprechen für sich.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Der Weg ins Weiße Haus – eine Antwort auf die Frage, warum Donald Trump 2020 wieder zum Präsidenten der USA gewählt werden könnte“
Gianna Niewel & Lisa Schnell
Süddeutsche Zeitung, 2. November 2019
Englischsprachiger Beitrag:
„Germany vs Big Tech – How Europe’s economic powerhouse is leading the global fight for digital privacy” | Josh O’Kane
The Globe and Mail, 18. Januar 2020
Lobend erwähnen möchte die Jury zwei weitere großartige Einreichungen: Zum einen ist dies die von Stefanie Dodt, freie TV-Korrespondentin in New York, wesentlich recherchierte internationale Analyse zum Thema Blutplasmahandel, ausgestrahlt in der ARD am 7. Oktober zum unter dem Titel „Bluthandel – Dollar gegen Gesundheit“ und ko-publiziert bei ProPublica am 4. Oktober 2019 unter dem Titel „Pharmaceutical Companies are luring Mexicans across the US border to donate blood plasma“.
Zum anderen befasst sich Simon Schütz, verantwortlicher Redakteur für Politik und Wirtschaft bei Bild, mit den Obdachlosen von Las Vegas und beobachtete hinter der Fassade des American Dream das Leben in den Tunnelwelten unter den Casinos von Las Vegas. Die bemerkenswerte und unerwartete Reportage „Sie behandeln uns wie eine Seuche“ erschien in Bild und auf Bild-Plus am 12. November 2019.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Die Lüge“ | Christian Schweppe
Die Welt, 11. März 2018
„Detective Scarcella“ | Christian Schweppe
Die Welt, 16. Dezember 2018
Der Preis für den besten deutschsprachigen Beitrag wurde 2018 vergeben an den Welt-Redakteur Christian Schweppe für gleich zwei Beiträge. Beide erschienen in der Welt am Sonntag: Am 11. März die Reportage „Die Lüge“ über die Ermordung von Seth Rich und die sich daraus ergebende Geschichte eines brutalen Desinformationskrieges, und am 16. Dezember mit „Detective Scarcella“, der Recherche über die Arbeit eines New Yorker Detectives, dessen zweifelhafte Ermittlungen 14 Menschen unschuldig ins Gefängnis brachten.
Schweppe ist ein akribischer Sammler und Puzzler, der in vermeintlich nebensächlichen Ereignissen Belege für große gesellschaftliche Trends in den USA entdeckt. Er nimmt sich die Freiheit, Vorgänge über einen langen Zeitraum zu begleiten und in ruhigem Ton dem tagtäglichen Wahnsinn mit distanzierter Überlegenheit zu begegnen. So entstehen Reportagen wie über den jungen Demokraten-Mitarbeiter Seth Rich und den einstigen Detektiv Scarcella, die in der Tragödie einer Person den Zustand eines Landes spiegeln. Schweppe wertet dabei nicht, sondern lässt seine Leser die Gespaltenheit und Härte der USA in jedem Absatz spüren.
Englischsprachiger Beitrag:
„The big hole in Germany’s Nazi reckoning: the colonial history” | John Eligon
New York Times, 11. September 2018
Deutschland hat die Nazi-Verbrechen umfassend und öffentlich aufgearbeitet, das ist bekannt. Doch die Verbrechen des Deutschen Kaiserreichs in afrikanischen Kolonien sind weitaus weniger beleuchtet, obwohl die ideologische Begründung der Reichsregierung für die Ausbreitung in Namibia, Kamerun oder Togo später Nazi-Größen als „Vorbild“ für ihren mörderischen Rassenwahn galt. Eligon verknüpft diese historischen Stränge und widmet sich in seinem dicht recherchierten Text der Kolonialherrschaft, in dem er sprachlich eindrucksvoll und anhand persönlicher Geschichten beschreibt, wie etwa die Ehrung früherer Kolonialherren im Berliner Stadtbild noch heute die afrikanisch-stämmige Bevölkerungsgruppe in der Hauptstadt verstört.
Lobend erwähnen möchte die Jury zwei weitere großartige Einreichungen: zum einen ist dies die Deutschlandfunk-Reportage „Der amerikanische Patient“ zum Zustand der amerikanischen Gesellschaft am Beispiel der Gesundheitsversorgung in den USA: Autor ist die freie US-Korrespondentin Katja Ridderbusch, ausgestrahlt wurde es in fünf Teilen zwischen August und Oktober 2018, co-finanziert mit einem Holbrooke Grant der IJP.
Zum anderen befasst sich Peter Onneken in der 45-minütigen WDR-Dokumentation „I love Trump – warum die Amerikaner ihren Präsidenten lieben“, ausgestrahlt am 7. November 2018, bemerkenswert nah dran mit jenen Amerikanern und Regionen, wo vor zwei Jahren mit bis zu 90% für Trump gestimmt wurde.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Sag die Wahrheit“ | Roman Deiniger
Süddeutsche Zeitung, 22. April 2017
Der Arthur F. Burns Preis für den besten deutschsprachigen Beitrag wird in diesem Jahr vergeben an den Redakteur der Süddeutschen Zeitung Roman Deininger für seinen am 22. April 2017 veröffentlichten Beitrag „Sag die Wahrheit“. Donald Trump hat in seinem Buch „The Art of the Deal“ ziemlich genau beschrieben, wie er seine Interessen durchsetzt. Aber das aktuell wirkungsvollstes Mittel gegen seine Kritiker im In- und Ausland kommt dabei nicht vor: Abstumpfung. Langsam aber sicher gewöhnt sich die Öffentlichkeit an immer neue Skandale. Umso wertvoller sind Texte wie dieser von Roman Deininger, in dem der Autor auf allerhöchstem Niveau und früher als andere auf einen besonders schwierigen Teil von Trumps Regierungsarbeit aufmerksam machte, auf den Umgang mit der Wissenschaft. Die Ignoranz Trumps gegenüber Klimaexperten und vielen anderen Experten hat der Autor sehr pointiert auf den Punkt gebracht. Dies ist von Anfang bis Ende großer Lesegenuss. Recherche, Tonlage, Timing – hier stimmte einfach alles.
Englischsprachiger Beitrag:
„Can Unions stop the Far Right?“ | Vauhini Vara
The Atlantic, 27. November 2017
Der Preis für den besten nordamerikanischen Beitrag wurde verliehen an die freie Journalistin aus Colorado, Vauhini Vara, für ihr Essay in der Dezemberausgabe der Monatsschrift „The Atlantic“, unter der Überschrift „Can Unions stop the far right?“, ebenfalls erschienen am 27. November 2017 in theatlantic.com. Vara ist vor den Wahlen zum Deutschen Bundestag im September 2017 eine bemerkenswerte Ausleuchtung der politischen Situation gelungen. In bestem transatlantischen Geist hat sie eine zentrale Erkenntnis aus dem US-Wahlkampf aufgenommen und nach einer Entsprechung dazu in Deutschland gesucht. Nachdem 2016 in den USA der de-industrialisierte Rust Belt an das Trump-Lager verloren gegangen war und infolge dessen das ganze Land, welche Rolle würden dann die Gewerkschaften in Deutschland, gerade etwa im Ruhrgebiet, spielen können? Varas Text lebt von der Durchdringung des persönlichen Einblicks in das Gewerkschaftslager mit der profunden gesellschaftlichen Analyse; ein herausragendes Stück Journalismus.
Lobend erwähnen möchte die Jury zwei weitere großartige Einreichungen: zum einen ist dies die GEO-Reportage „3 Minuten“, veröffentlicht am 1. Februar 2017 und erstellt von Martin Schlak, zusammen mit Vivian Pasquet und zwei Fotografen. Schlak nähert sich einfühlsam mit seinen Protagonisten von beiden Seiten des mexikanisch-amerikanischen Grenzzaunes, wenn zweimal im Jahr die USA die Tür für wenige Augenblicke öffnet, damit es zu kurzen familiären Begegnungen kommen kann. Hierbei handelt es sich um eine kaum bekannte Momentaufnahme seelischer Anspannung und persönlicher Dramen, die angesichts der großen politischen Debatte um nationale Sicherheit viel zu selten Beachtung findet.
Zum anderen befasst sich Roman Pletter, Stellvertretender Ressortleiter Wirtschaft der Zeit in dem 18. Mai 2017 erschienen Beitrag „Die mächtigste Schule der Welt“ mit einer Gruppe von Ökonomen, die vor vierzig Jahren im MIT studierten und promovierten und danach Länder, Zentralbanken und internationale Organisationen führten, gelenkt von einer Idee und einer Gedankenschule. Eine bemerkenswerte Recherchearbeit um die Fragestellung: was, wenn diese eine Idee eine falsche wäre?
Deutschsprachige Beiträge:
„Zerschlagen“ | Nora Gantenbrink
Stern Crime, 1. April 2016
„The American Dream/Brief an meine Tochter“ | Kerstin Kohlenberg
Die Zeit, 8. Dezember 2016
Der Arthur F. Burns Preis für den besten deutschsprachigen Beitrag wird in diesem Jahr gleichberechtigt an zwei Preisträgerinnen vergeben:
Ausgezeichnet wird Nora Gantenbrink, Redakteurin des Stern, für ihre Reportage „Zerschlagen“, erschienen in Stern Crime am 1. April 2016. Nora Gantenbrink schreibt in bemerkenswerter Dichte und gleichzeitig grosser Leichtigkeit über ein uramerikanisches Sujet: Den Kampf Mann gegen Mann, der in diesem Fall besonders tragisch endet. Ihre Reportage über die Tragödie eines New Yorker Box-Matches aus dem Jahr 1983 spielt geschickt mit Rückblenden und neuen Einblicken in das Seelenleben zweier Männer, deren Begegnung im Ring für den einen den Tod brachte, und für den anderen schlimmste Seelenqualen.
Ebenfalls ausgezeichnet wird Kerstin Kohlenberg, USA-Korrespondentin der Zeit in New York, für den Beitrag „The American Dream/Brief an meine Tochter“, erschienen in der Zeit am 8. Dezember 2016 und erneut in Zeit Online am 22.12.2016. Die Wahl Donald Trumps fordert das USA-Bild vieler Amerikafreunde heraus. In einem Brief an ihre sechsjährige Tochter erklärt Kerstin Kohlenberg, warum Trumps Wahl sie zum Weinen bringt und warum sie dennoch die USA liebt. Die Menschen, denen sie dort über die Jahre begegnete, haben sie unaufdringlich dazu ermuntert, die Angst vor dem Ungewissen zu überwinden. Als Beamtentochter aus Deutschland war sie dazu erzogen worden war, gesicherte Verhältnisse anzustreben. In den USA hat sie gelernt, die Freiheit zu lieben. Auf anrührende Weise beschreibt Kerstin Kohlenberg damit zugleich den Zwiespalt, in den das US-Wahljahr viele Deutsche gestürzt hat. Der Text überzeugt nicht zuletzt durch seine emotionale Kraft.
Lobend erwähnen möchte die Jury die Redakteurin des Bayerischen Rundfunks und bisherige USA-Korrespondentin, Barbara Leidl, für ihr notwendiges Feature „Unschuldig hinter Gittern“, ausgestrahlt auf Bayern 2 am 10.6.2016. Sie befasst sich dabei mit der schwierigen Problematik Tausender Menschen, die in den USA wohl unschuldig im Gefängnis sitzen, weil sie sich keinen Verteidiger leisten konnten, ein falsches Geständnis erzwungen wurde oder sie nicht alt oder erfahren genug waren, um zu verstehen, was mit ihnen im Prozess geschieht.
Die Jury hat zudem entschieden, den ebenfalls mit 2.000 Euro dotierten Preis für den besten nordamerikanischen Beitrag auch für dieses Jahr nicht zu verleihen, da vor allem die USA 2016 stark auf sich selbst konzentriert schienen.
Lobend erwähnen möchte die Jury jedoch den kanadischen Reporter Dylan Robertson, der sich am 12. Oktober 2016 in theglobeandmail.com in dem Beitrag „As Germany moves to right wrongs of anti-gay policies, Canada lacks plan“ mit der deutschen Politik der Wiedergutmachung der nach § 175 StGB Verfolgten auseinandersetzt und Parallelen zur kanadischen Justizpolitik zieht.
Und lobend erwähnt werden muss zudem Andrew Curry, in Berlin als freier Korrespondent lebender US-Amerikaner, der sich in der November-Ausgabe der Monatsschrift „Rouleur Magazin“ mit dem Schicksal von vier Mitgliedern der syrischen Nationalmannschaft im Radsport beschäftigt, die im deutschen Exil weiter Rennen fahren wollen. „The road from Damascus“ beschreibt ihren Weg auf sehr eindrucksvolle Weise.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Amerika sperrt seine Kinder weg“ | Marie-Astrid Langer
NZZ, 18. Dezember 2015
Der Arthur F. Burns Preis 2015 für den besten deutschsprachigen Beitrag geht an die außenpolitische Redakteurin der Neuen Züricher Zeitung, Marie-Astrid Langer, für die am 18. Dezember 2015 in der NZZ erschienen Reportage „Amerika sperrt seine Kinder weg“. Die Jury meint: Sind Amerikaner wirklich so wie wir, quasi ehemalige Europäer, die nur größere Autos fahren und größere Kühlschränke besitzen? Nein. Und genau das macht der Artikel von Marie-Astrid Langer deutlich. Wir schauen beim Lesen ihres Artikels nicht in den Spiegel, wir sehen in eine fremde, alttestamentarische Gesellschaft, wir sehen das andere. Langer legt offen, wie die USA ticken. Das Ganze aber ohne zu belehren, ohne zu werten, ohne anzuklagen, ohne europäischen, deutschen, moralisch überlegen Zeigefinger. Ohne das bei links und rechts verbreitete und tief in der bürgerlichen Mitte verankerte anti-amerikanische Ressentiment. Sie präsentiert Betroffene und Fakten und der Leser kann sich ein eigenes Urteil bilden. So entsteht unwillkürlich ein Plädoyer für ein Rechtssystem ohne Todesstrafe, ohne lebenslanges Lebenslang – aber auch ein Nachdenken über Schuld, Sühne, Strafe, Gerechtigkeit und Ewigkeit. Der Subtext von Langers Artikel ist die uralte Menschheitsfrage, ob sich eine Gesellschaft nach dem Alten Testament – „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ – oder nach dem neuen Testament mit der Vergebungsbotschaft von Jesus Christus ausrichten soll, die sich im Vaterunser findet: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“. Ein wichtiger Text. Heute mehr denn je.
Ausdrücklich lobend erwähnen möchte die Jury die Spiegel-Redakteurin Antje Windmann für ihre, zusammen mit Clemens Höges, verfasste Reportage „Der amerikanische Albtraum“, erschienen in der Ausgabe 15/15 des Nachrichtenmagazins.
Die Jury hat zudem entschieden, den mit ebenfalls 2.000 Euro dotierten Preis für den besten nordamerikanischen Beitrag für dieses Jahr nicht zu verleihen.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Die Wanderarbeiterin“ | Markus Feldenkirchen
Der Spiegel, 8. Dezember 2014
Der Arthur F. Burns Preis 2014 für den besten deutschen Beitrag geht an den Washingtoner Korrespondenten der Zeitschrift Der Spiegel, Markus Feldenkirchen, für seine in Heft 50/2014 erschienene Reportage „Die Wanderarbeiterin“. Der Text des Autors kommt leise, eher unspektakulär daher, und ist doch ein Aufschrei. Er beschreibt das Leben einer jungen Amerikanerin mit portugiesischen Wurzeln, die in der Billiglohnmaschinerie der amerikanischen Fast-Food-Industrie zerrieben wird und schliesslich erschöpft stirbt. Feldenkirchen fühlt sich nicht nur in die verzweifelte Situation einer ausgebeuteten Schicht ein, er klagt damit auch Präsident Barack Obama an. Dessen Sozialpolitik, so die Kritik, hat den amerikanischen Traum ins Gegenteil verkehrt: Du startest oben, schuftest Tag und Nacht, und landest ganz unten – vom Mittelstand zum Tellerwäscher. Ein wichtiger Text, der dem Leser eine Facette der USA so nahe bringt, dass es weh tut. Feldenkirchen war zudem bereits 2002 Burns-Preisträger, damals für einen Reportage, veröffentlicht im Tagesspiegel.
Englischsprachiger Beitrag:
„Off the Wall“ | Andrew Curry
National Geographic Traveller, November 2014
Die Jury hat entschieden, den Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr an Andrew Curry zu verleihen. Ausgezeichnet wird sein im November 2014 veröffentlichter Beitrag für die Zeitschrift National Geographic Traveller, „Off the Wall“. Darin geht der Autor mit sprachlicher Neugier und Liebe zum Detail auf einen Streifzug durch vier Berliner Kieze. Herausgekommen ist eine auch optisch stark präsentierte Hommage eines Aussenstehenden an die Vielfalt und Vitalität der Berliner Stadtteilkultur.
Ausdrücklich lobend erwähnen möchte die Jury den Dresdner Journalisten Rick Noack, im vergangenen Sommer Burns Fellow bei der Washington Post. In nur zwei Monaten dort veröffentlichte er im Blatt sowie auf wp.com insgesamt 87 Artikel und Kommentare zu einer grossen Bandbreite von nationalen wie internationalen Themen, ein Rekord in fast dreissig Jahren Berichterstattung im Rahmen der Burns Fellowships. Mit 19 und 20 Jahren wurde Noack als Finalist für ein Burns Fellowship noch – als zu jung – nicht genommen, mit 21 setzte sich der Freie Journalist und Student an der Science Po in Paris endlich durch und enttäuschte wahrlich nicht.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Sie nannten ihn Ente“ | Amrai Coen
Die Zeit, 17. Oktober 2013
Der Arthur F. Burns Preis 2013 für den besten deutschen Beitrag geht an die Redakteurin der Wochenzeitung „Die Zeit“, Amrai Coen, Burns Stipendiatin des letzten Jahres. Ihre Reportage „Sie nannten ihn Ente“ erschien am 17. Oktober 2013. Der Autorin gelingt darin ein wahres Kunst-Stück: Sie schafft dank genauester Beobachtung, detaillierter Beschreibung und kluger Einordnung mit den Mitteln der Sportreportage einen politischen Text über Homophobie in Macho-Gesellschaften – also überall. Ihr Porträt des Federgewichtsboxers Orlando Cruz aus Puerto Rico – des ersten Boxers, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt hat – lässt Leserinnen und Leser an der Seite von Cruz kämpfen, leiden – und verlieren.
Englischsprachiger Beitrag:
„William Suess throught he was an American, until the day he was deported“ | Mike Giglio
Buzzfeed.com, Oktober 2013
Die Jury hat zudem entschieden, den Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr an Mike Giglio zu verleihen. Ausgezeichnet wird sein im Oktober 2013 veröffentlichter Beitrag für den Online Service Buzzfeed.com „William Suess thought he was an American, until the day he was deported“. Er ist das Resultat fünfjähriger Recherche, die während seiner Zeit als Burns Fellows 2008 bei der FAZ begann, gefolgt von mehreren erneuten Recherchereisen nach Deutschland. Erzählt wird die Geschichte eines Mann, gebürtiger Deutscher aber erzogen in Missouri, US Soldat und dann Straftäter, der für ihn völlig unerwartet aufgrund verschärfter US-Immigrationsgesetze im Alter von 49 Jahren vom Gefängnis in Missouri nach Deutschland in ein Auffanglager abgeschoben wird, in ein für ihn gänzlich unbekanntes Land, aber das Land seiner Geburt.
Lobend erwähnen möchte die Jury zwei weitere deutsche Journalisten: Rieke Havertz, Redakteurin der taz, beschäftigte sich mit den Versuchen des US-Präsidenten, nach dem Amoklauf von Newton die Waffenlobby mit schärferen Gesetzen zu bezwingen. Das Scheitern dieser Bemühungen und das Suchen nach Ursachen dokumentierte sie – nach sechswöchiger Recherche in Obamas Heimatstadt Chicago – in einer sehr bemerkenswerten, fünfteiligen Artikelserie „Die Macht der Waffen“, erschienen Ende Juli und Anfang August 2013 in der „Tageszeitung“.
Und Max Holscher, Volontär der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen, der 2013 zwei Monate beim Miami Herald verbrachte und neben zahlreichen Artikeln seine Leser mittels der wöchentlichen Kolumne „Neues vom Miami Harald“ über die Besonderheiten des US Alltags unterrichtete, über Begegnungen und Gespräche, mal ironisch, immer informativ, mal nachdenklich, und ausgesprochen kurzweilig für den amüsierten Leser.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Die Lebensaufgabe“ | Johannes Gerner
taz Wochenende, 1. September 2012
Der Arthur F. Burns Preis 2012 für den besten deutschen Beitrag geht an den Redakteur der „tageszeitung“ Johannes Gerner. Während seines Burns Fellowships bei der Oakland Tribune im vergangenen Jahr schrieb Gernert eine Vielzahl von Reportagen, vor allem für die Sonntagsbeilage der taz. In dem Beitrag „Die Lebensaufgabe“, erschienen am 1. September 2012, beschreibt er den akribischen Kampf einer Aktivistin gegen den Export europäischer Narkosemedikamente in die USA, die dort zur Hinrichtung von Todeskandidaten eingesetzt werden. Wie auch die ebenfalls besonders bemerkenswerten Einreichungen „Der Junge unterm Feigenbaum“ (20.10.2012, über den bekanntesten US-Samenspender) und „Die Stadt, die nicht mehr kann“ (22.9.2012, über den Weg der kalifornischen Stadt Stockton in den Bankrott), besticht diese Reportage durch eine akribische Recherche-Leistung, durch feinsinnige Dramaturgie und eine fesselnde Sprache. Gernert baut meisterhaft Spannung auf, überrascht den Leser mit unerwarteten Brüchen und erzeugt dadurch geradezu einen Sog. Das will man weiterlesen. Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass Ruth Reichstein und Heike Haarhoff an diesem Beitrag mitgewirkt haben.
Lobend erwähnen möchte die Jury einen weiteren deutschen Journalisten: Tobias Peter, Redakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, für seine intensiven Versuche, innerhalb der begrenzten Möglichkeiten einer Regionalzeitung in bemerkenswerter Weise über die Sachfragen und Hintergründe des US-Wahlkampfes zu berichten. Erwähnt werden muss hier, neben zahlreichen sehr pointierten Kommentaren, etwa seine siebenteilige Serie „US-Wahlkampf“ mit Schwerpunkt-Themen wie Der Markt, Gesundheit, Keine Experimente, Reichtum, Religion, Show und Konflikt, erschienen zwischen dem 29.10 und 5.11.2012, also der letzten Woche des Wahlkampfes.
Die Jury hat zudem entschieden, den mit ebenfalls 2.000 Euro dotierten Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr nicht zu verleihen.
Lobend erwähnen möchte die Jury allerdings die beiden US-Alumni Bruce Falconer für seinen in der Winter-Ausgabe der US-Zeitschrift „The American Scholar“ erschienen Beitrag „Eviction Noticed“ über die Auswirkungen der Gentrifizierung des Berliner Ostens am Beispiel der Künstlerkolonie Tacheles, und den Vorjahrespreisträger Aaron Wiener für seinen Beitrag „Made in the Shade“, erschienen in Foreign Policy.com am 9. Juli 2012. Dort beschäftigt Wiener sich mit der einst weltweit führenden Rolle Deutschlands in der Herstellung von Geräten für solare Energie-Gewinnung und dem Verlust dieser Vorreiterrolle an China.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Der Fall Iron“ | Gordon Repinski
taz Wochenende, 5. November 2011
Der Arthur F. Burns Preis 2011 für den besten deutschen Beitrag geht an den Redakteur im Haupstadtbüro des Spiegel, Gordon Repinski(Alumnus 2011), für seine am 5. November 2011 in der „sonntaz“ erschienene Reportage „Der Fall Irons“. Darin beschreibt der damals noch als Parlamentskorrespondent für die taz Tätige das kurze und hochtourige Leben des Surfer-Idols Andy Irons, der an frühem Ruhm und dem eitlen Schein der Szene zerbrach und – vollgepumpt mit Drogen – im Alter von 32 Jahren am Herzinfarkt starb. Repinski zeigt, während seines Burns Fellowships im vergangenen Jahr in San Diego intensiv recherchiert, einfühlsam die Schattenseiten einer viel zu coolen Welt, in der die Party niemals enden darf.
Englischsprachiger Beitrag:
„How Germany phased out nuclear power, only to get mugged by reality“ | Aaron Wiener
The New Republic, 31. Oktober 2011
Die Jury hat zudem entschieden, den Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr an Aaron Wiener (Burns Alum 2010) zu verleihen, Mitarbeiter der Zeitschrift The New Republic, für seinen am 31. Oktober 2011 erschienen Beitrag „How Germany phased out nuclear power, only to get mugged by reality“. Der Schutz der Umwelt ist in Deutschland nicht nur eine politische Frage, sondern oftmals auch eine Glaubensfrage. Umweltschutz ist in Verlauf der vergangenen dreißig Jahre de facto zur Staaträson der Bundesrepublik geworden. Aaron Wiener beschreibt in seinem Artikel, zu welch unerwarteten Überraschungen die abrupte Energiewende von Kanzlerin Angela Merkel geführt hat. Er beschreibt die teils dramatischen Konsequenzen dieses Politikwechsels und die Irrtümer aller Beteiligten: von der Atomlobby bis hin zur Umweltschutzbewegung. All das schreibt Wiener in einer angenehm undogmatischen und wenig polemischen Weise, so dass sein Beitrag in erster Linie eines ist: aufklärerisch.
Lobend erwähnen möchte die Jury zwei weitere deutsche Journalisten: Justus Bender für seine in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 4. September erschiene bemerkenswerte Reportage „Mr President, es wird ein leichter Tag“, die den Lebensweg und die Eindrücke jener Zweitklässler in Florida zehn Jahre später porträtiert, die mit Präsident George W Bush im Gespräch waren, als die Flugzeuge in das World Trade Center flogen. Und schliesslich Stephan Seiler (Alum 2010) für seine in der Oktober-Sonderausgabe der Zeitschrift Max erschienene, sehr persönlich gefasste Reportage „Liebe zum Abgewöhnen“, die sich mit dem Unterfangen evangelikaler Christen in Texas beschäftigt, Homo- und Bisexuelle mit Gebeten und Gesprächen „zu heilen“. Ihr Motto: „Pray away the gay“.
Lobend erwähnen möchte die Jury den US-Journalisten Anton Troianovski, Redakteur des Wall Street Journals (und Alumnus 2011) für seinen amüsanten und zugleich informativen Beitrag vom 23. September: „Germans face off in hairy debate over whisker do´s and don´ts”, der sich mit einem Schisma in der Gemeinde der professionellen Bartträger Deutschlands auseinandersetzt. Die perfekt ausrecherchierte Miniatur über Bartträger und die Tiefen ihres Vereinslebens im Verband Deutscher Bartclubs ist eine Studie über ein sehr deutsches Thema und gleichzeitig ein amüsantes Streiflicht auf eines jener Klischee besetzten Themen, die man hierzulande leichtfertig als eigentümlich abtut.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Dämonen im Kopf‘ | Cordula Meyer
Spiegel, 22. März 2010
Der Arthur F. Burns Preis 2010 für den besten deutschen Beitrag geht an die Washingtoner Korrespondentin der Zeitschrift „Spiegel“, Cordula Meyer (Burns Alumna 1998), für ihre Reportage „Dämonen im Kopf“, am 22. März 2010 im Blatt veröffentlicht. Ihr Portrait des amerikanischen Sanitätsgefreiten Joe Dwyer besitzt alle Kennzeichen eines journalistisch erstklassigen Textes. Sie formuliert präzise, aber schnörkellos, auf dramatisierende Stilmittel, vor allem Adjektive weitgehend verzichtend, und lässt die Dramatik der Ereignisse stattdessen für sich sprechen. Die Geschichte von Joe Dwyer ist die Geschichte eines jungen Soldaten, dessen Bild um die Welt geht, weil er mitten im Krieg einen kleinen Jungen aus der Gefahrenzone rettet. Der Text von Cordula Meyer erzählt frei von Pathos das Drama, das sich nach der Berühmtheit des Soldaten Dwyer entfaltete: Von seinen Leiden, seinen Selbstzweifeln und dem schwierigen Weg der Truppen zurück in die Normalität des amerikanischen Alltags. Fünf Jahre nach seinem letzten Einsatz tötet sich Joe Dwyer schließlich selbst. Das Portrait lenkt unsere Aufmerksamkeit auf diesen jungen Mann, aber auch auf die traurige Tatsache, dass im Jahr 2009 mehr US-Soldaten durch Suizid als auf dem Schlachtfeld im Irak starben.
Englischsprachiger Beitrag:
„Unsere Kinder leben im Verborgenen“ | Krista Kapralos
Religiousnews.com, 9. Dezember 2010
FAZ, 8. Dezember 2010
Die Jury hat zudem entschieden, den Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr an Krista Kapralos (Burns Alumna 2010)zu vergeben. Kapralos beschäftigt sich in einem in der „Frankfurter Allgemeinen“ am 8. Dezember 2010 unter dem Titel „Unsere Kinder leben im Verborgenen“ erschienen Beitrag, der gekürzt am 9. Dezember auch im US-Onlinedienst Religiousnews.com erschienen ist, mit dem Thema des Heimunterrichts von deutschen Kindern, die nach dem Willen ihrer Eltern nicht den Schulen anzuvertrauen sind. Die Beiträge zeigen die Vielfalt der Beweggründe auf, die Eltern für diese Entscheidung anführen, nennt Strafen, denen sich die Eltern freiwillig aussetzen, und Tricks, mit denen die Eltern versuchen nicht ertappt zu werden. Der US-Journalistin gelang nach intensiver Vorrecherche während ihrer Zeit als Burns Fellow 2010 ein guter Überblick über ein Phänomen, das angesichts wachsenden Misstrauens in das staatliche Schulsystem auch in Deutschland im Wachsen begriffen ist.
Lobend erwähnen möchte die Jury einen weiteren deutschen Journalisten: Christian Salewski, als erster Burns Fellow im vergangenen Jahr beim investigativen Recherche-Team ProPublica in New York platziert, veröffentlichte in der Januar-Ausgabe von Capital unter dem Titel „Der China Kracher“ seine Ergebnisse. Fast drei Monate hatte er recherchiert, wie der Gipskonzern Knauf aus Franken beim Bauboom in den USA mitverdienen wollte, aber verunreinigte Platten aus China lieferte. Angesichts tausender klagender US-Hausbesitzer zeichnet Salewski ein Lehrstück über die Fallstricke der Globalisierung.
Lobend erwähnen möchte die Jury den US-Journalisten Aaron Riccardela (Burns Alum 2003) für seinen im Bloomberg Businessweek.com am 21. Mai 2010 erschienenen Beitrag „SAP Co-CEOs chart a bold new course“. Dem Blomberg-Reporter gelang hier ein relevantes, kluges und gut recherchiertes Stück über Deutschlands viertgrößtes Unternehmen, das unter amerikanischer und dänischer Führung an der Unternehmesspitze steht.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Die große Landnahme“ | Roman Pletter
Brand Eins, Dezember 2009
Der Arthur F. Burns Preis 2009 für den besten deutschen Beitrag geht an Roman Pletter, Redakteur der Wirtschaftszeitschrift „Brand Eins“. Der Beitrag „Die große Landnahme“, geschrieben und erschienen Ende Dezember 2009 im Heft 01/10, beschäftigt sich mit dem Aufstand amerikanischer Bürger gegen Banken, die Millionen überschuldeter Amerikaner von ihrem Grund und Boden vertreiben. Der Untertitel lautet „Besuche an Orten des Widerstandes“. Die Jury hat dabei die große Rechercheleistung des Autoren überzeugt, der für seinen Beitrag mit allen relevanten Protagonisten gesprochen und so das Thema von einer Vielzahl von Perspektiven beschrieben hat. Die Sprache Pletters ist klar und präzise, durch die gute Komposition des Stückes vermag er zudem die Spannung zu jedem Zeitpunkt zu halten. Mit der Betrachtung des Widerstands gegen die Landnahme durch die Banken gelingt es Pletter so, einen spannenden und detaillierten Einblick in den Seelenzustand der Amerikaner zu geben.
Lobend erwähnen möchte die Jury einen weiteren deutschen Journalisten: Max von Klitzing und Freeeye TV gelingt es in seiner zweiteiligen TV-Dokumentation „Durch die Wildnis Amerikas“, ausgestrahlt am 23. und 30.4.2009 im NDR Fernsehen, auf bemerkenswerte Weise, den Appalachian Trail als eine der großen Herausforderungen an moderne Wanderer darzustellen. Zugleich gelingt ihm auf 90 Minuten ein grandioses Portrait der Landschaften zwischen den Bundesstaaten Georgia und Maine und ausgewählter Schicksale der Menschen, die den Trail in seiner ganzen Länge von nahezu 3400 Kilometern erwandern wollen.
Die Jury hat zudem entschieden, den mit ebenfalls 2.000 Euro dotierten Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr nicht zu vergeben. Obgleich es das Jahr einer Bundestagswahl, des Jahrestages des Mauerfalls und wichtiger innen- und außenpolitischer Entscheidungen in der Bundesrepublik war, konnten die eingereichten Beiträge die Jury in Umfang und Qualität nicht überzeugen.
Lobend erwähnen möchte die Jury jedoch zwei US-Journalisten. Dies ist zum einen David Francis für seinen Beitrag „The next Page: Berlin – 20 years wall-free“, erschienen am 8.11.2009 in der Pittsburgh Post-Gazette, in dem der Reporter sehr persönlich und quasi auf Schritt und Tritt in Berlin Momente, Personen und Plätze der jüngeren Zeitgeschichte kommentiert. Zudem sei erwähnt Moira Herbst für ihren Beitrag „East Germany 20 Years after Reunification“, erschienen am 5. 11.2009 in Business Week, der in ungewöhnlicher Weise Bestandsaufnahme der ostdeutschen Wirtschaft ist und Beispiele zeigt, welche in der DDR entstandenen ostdeutschen Marken sich erfolgreich in die Gegenwart gerettet haben.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Obamas Traum“ | Dr. Gregor Peter Schmitz
Spiegel, Oktober 2008
Der Arthur F. Burns Preis 2008 für den besten deutschen Beitrag geht an Dr. Gregor Peter Schmitz, Spiegel-Korrespondent in Washington, für seinen Beitrag „Obamas Traum“, erschienen im Oktober 2008 im Spiegel Special USA. Der Autor beschäftigt sich mit einem zentralen Thema des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfes 2008: der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. In seinem Beitrag geht Schmitz ausführlich auf die Hoffnungen schwarzer Bürgerrechtler ein, die sich mit der Wahl des Afroamerikaners Barack Obama verbindet. Schmitz beschreibt aber auch eindringlich die Enttäuschungen von Bürgerrechtlern wie Jesse Jackson, die sich nur wenig in der Kampagne Obamas wiederfanden. Diese Widersprüchlichkeit des Sieges des ersten Afroamerikaners zum US-Präsidenten beschreibt der Autor eindringlich. Dies und die ausgiebige Recherche des Autors kennzeichnen den Text besonders.
Englischsprachiger Beitrag:
„Piercing together the dark legacy of East Germany’s secret police“ | Andrew Curry
Wired, Februar 2008
Die Jury hat zudem entschieden, dass der Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr an den US-Journalisten Andrew Curry geht, der aktuell als freier Journalist in Berlin lebt. Sein in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Wired“ erschienener Beitrag „Piercing together the dark legacy of East Germany´s secret police“ beschäftigt sich mit der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit in Deutschland. Dies ist für die Leserschaft in den USA sicherlich ein deutsches Randthema. Um so mehr beeindruckt es, wie es Andrew Curry schafft, dieses Thema so aufzuarbeiten, dass das Magazin seinen Text in beachtlicher Länge abdruckte. Dies liegt vor allem an der Dramaturgie der Geschichte, die die langwierige Puzzlearbeit bei der Aufarbeitung der Stasi-Akten mit dem persönlichen Schicksal einer der Angestellten der Behörde kunstvoll verbindet. Curry macht das schwere Thema so auf eine unterhaltsame Art zugänglich, ohne ihm seine Tiefe zu nehmen.
Lobend erwähnen möchte die Jury zwei weitere deutsche Journalisten: Silvia Feist für Ihren in der August-Ausgabe der Zeitschrift „Emotion“ erschienen Beitrag „Der nächste Einsatz“ über zwei US-Soldaten, die im Irak und in Afghanistan einen Arm oder ein Bein verloren hatten und als behinderte Sportler bei den Paralympics in Peking antraten. Und Peter Wagner für seinen sehr humorvollen Beitrag zur Jugendseite der Süddeutschen Zeitung, „jetzt.de“ mit dem Titel „Meine Jagd nach dem Autogramm von Obama“, erschienen am 27. Oktober 2008 in der SZ.
Lobend erwähnen möchte die Jury einen weiteren US-Journalisten. Dies ist Michael Giglio für seinen für die Frankfurter Allgemeine während des Burns-Fellowships 2008 verfassten Beitrag „Americans deported to Frankfurt“. Die Arbeit des Autors ist vor allem in zweierlei Hinsicht überzeugend: bei der Wahl des Themas und in der Sprache. Mit der Beschreibung des Schicksals von in Deutschland gestrandeten Amerikanern, die von den USA ausgewiesen wurden, nimmt sich Giglio in einer ungewöhnlichen, aber immer präzisen Sprache einem Thema an, dass auch in der deutschen Presse bislang nur selten beschrieben worden ist.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Texas Privat“ | Michael Weißenborn
Stuttgarter Zeitung, erschienen in 20 Teilen in der zweiten Jahreshälfte 2007
Der Arthur F. Burns Preis 2007 für den besten deutschen Beitrag geht an Michael Weißenborn, außenpolitischer Redakteur der Stuttgarter Zeitung, für seine Artikelserie „Texas Privat“, erschienen in der zweiten Jahreshälfte 2007 in 20 Teilen. Weissenborn beschäftigt sich in den einzelnen Beiträgen mit so unterschiedlichen Themen wie der Grenzsituation zu Mexiko, dem privaten Waffenerwerb, Indianerreservaten sowie dem amerikanischen Weihnachtsfest. Diese Betrachtungen sind dabei mehr als nur Vignetten, sondern in ihrer persönlichen Herangehensweise bemerkenswerte Essays und zugleich oft tiefsinnige politische Analyse der US-Gesellschaft, ihrer Traditionen und Herausforderungen.
Englischsprachiger Beitrag:
„Boom! Du bist tot!“ | James Hagengruber
Spokesman & Süddeutsche Zeitung, 6. November 2007
Der mit ebenfalls 2.000 Euro dotierte Preis für den besten amerikanischen Beitrag geht in diesem Jahr an den US-Journalisten James Hagengruber, bis vor kurzem Redakteur der Tageszeitung Spokesman Review in Spokane, Bundesstaat Washington. Hagengruber veröffentlichte eine inhaltlich gleiche Reportage sowohl in seiner Heimatzeitung als auch in der Süddeutschen Zeitung mit dem Titel „Boom! Du bist tot!“ (6. November 2007). Darin begleitet er 19-jährige Zwillingsbrüder aus Idaho auf ihrem Weg, US-Marines zu werden. Dieses aufwändige Projekt zeigt mit einer klaren Sprache und einer hervorragenden sowie heutzutage sehr seltenen Recherche, was – entgegen des allgemeinen Trends und der öffentlichen wie veröffentlichten Meinung –, junge Amerikaner am Irak-Krieg so fasziniert, dass sie selbst daran teilnehmen wollen. Trotz des Titels zeichnet die Reportage ein sensibles Portrait zweier junger Amerikaner am Scheideweg: eine schlichte, aber sehr eindrucksvolle Reportage-Idee, die ihre journalistische Fortsetzung darin findet, dass der Autor die beiden Brüder auch bei ihrem militärischen Einsatz als Marines in Kuwait und dem Irak begleitet hat.
Lobend erwähnen möchte die Jury Christian Rüttger, Berliner Redakteur bei Reuters, für seinen Beitrag „The Long Haul“, erschienen in der Anchorage Daily News am 14. Oktober 2007, und Tanya Schevitz, Reporterin beim San Francisco Chronicle, für ihre Artikelreihe „Eine Amerikanerin im Allgäu“, erschienen im August und September 2007 wöchentlich in der Allgäuer Zeitung. Während Rüttger sich in seinem Beitrag mit den Gefahren und Versuchungen der LKW-Fahrer entlang des 414-Meilen langen Dalton Highways in den Tiefen der Tundra Alaskas beschäftigt, beschreibt Schevitz in neun Episoden ihre Eindrücke als alleinerziehende Mutter, Großstadtkind und passionierte Autofahrerin in den ländlichen Weiten des Allgäus. Bemerkenswert ist an beiden Beiträgen die öffentliche Diskussion, die sie bei den Lesern der jeweiligen Zeitungen auslösten. Beide Autoren stimulierten intensive Debatten vor Ort, die in zahlreichen Leserbriefen und Emails ihren Niederschlag fanden. Dies ist umso interessanter, als beide ortsfremd und daher unbefangen über regionale Traditionen und Tabus geschrieben haben.
Deutschsprachiger Beitrag:
„Kriege ohne Sieger“ | Dr. Markus Günther
Badische Zeitung, 8. August 2006
Der 2006 mit 2.000 Euro dotiert Preis für den besten deutschen Beitraggeht an Dr. Markus Günther, Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung in Washington, für den Beitrag „Kriege ohne Sieger“, veröffentlicht am 8. August 2006 in der Badischen Zeitung und anderen deutschen Zeitungen. Günther warnt in seinem Beitrag militärisch überlegene Staaten vor den Gefahren militärischer Erfolge. Die Annahme, schnelle militärische Erfolge erzielen zu können, führe dazu, das auch von militärisch weit unterlegenen Gegnern ausgehende Risiko zu unterschätzen. Dies ist, spätestens seit Vietnam, nicht neu. Günther jedoch zeigt auf, dass die moderne „asymetrische Kriegsführung“ weit über Guerillataktik hinausgeht, alle, auch zivile Lebensbereiche in Kriegshandlungen einbezieht und damit schnell zu einem unkalkulierbaren Risiko wird. Das erwartete schnelle Kriegsende wird verhindert, der militärische Sieg insgesamt unmöglich. Die Kriegsziele bleiben unerreichbar. Auch wenn sich Günther auf jüngste militärische Auseinandersetzungen im Irak, Afghanistan und Libanon bezieht, drückt seine These eine europäische Erfahrung aus, die letztendlich zur europäischen Einigung im vergangenen Jahrhundert geführt hat. Zudem ist die transatlantische Debatte derzeit wesentlich durch Fragen der militärischen Überlegenheit geprägt. Der Beitrag stellt auch einen interessanten Versuch einer Versachlichung dieser Debatte aus europäischer Sicht dar.
Lobend erwähnen möchte die Jury die gemeinsam geschriebenen, dreiteilige Artikelserie des deutschen Journalisten Dr. Ranty IslamDeutsche Welle, und der US-Journalistin Crista Case, Christian Science Monitor,zur Entwicklung der Treibhausdebatte und der Emissions-Problematik auf beiden Seiten des Atlantiks, veröffentlicht in Spiegel Online am 9. August 2006.
Die Jury hat zudem entschieden, dass der mit ebenfalls 2.000,- Euro dotierten Preis für den besten amerikanischen Beitrag in diesem Jahr nicht verliehen wird.
Die Preisträger:innen vor 2006 sind:
- Susanne Gieffers, Fabian Mohr und Helen Fessenden (2005)
- Dr. Robin Mishra (2004)
- Steffi Kammerer und Steven Zeitchik (2003)
- Markus Feldenkirchen, James Hagengruber und Guy Raz (2002)
- Robert Jacobi und Timothy J. Gibbons (2001)
- Hugh Eakin und Brian Zumhagen (2000)
- Albrecht Metzger und Stefan Schirmer (1999)
- Barbara Junge und Carter S. Dougherty (1998)
- Christian Sauer undMatt Johanson (1997)
- Dominik Wichmann (1996)
- Michael Behrens und Michael Behrens (1995)
- Robert von Rimscha und Jacob Heilbrunn (1994)
George F. Kennan-Preis
Seit Mai 2001 wird jährlich der Kommentar-Preis für die beste transatlantische Berichterstattung in Kommentarform vergeben. Der durch das Kuratorium der Internationalen Journalisten-Programme vergebene Preis geht an Journalist:innen, die in inhaltlich bemerkenswerter und herausragender Weise im vergangenen Kalenderjahr in einer deutschen Publikation einen Kommentar veröffentlich haben, der sich mit Fragen der Vereinigten Staaten oder des transatlantischen Verhältnisses beschäftigt. Im Jahr 2005 wurde der Kommentar-Preis, zu Ehren des verstorbenen Diplomaten und Schriftstellers George F. Kennan, in den George F. Kennan-Preis umbenannt.
Preisträger:innen George F. Kennan Preis
Der George F. Kennan Preis wird in diesem Jahr nicht vergeben.
Lobend erwähnen möchte die Jury aber den Redakteur der Meinungs-Redaktion der Süddeutschen Zeitung, Joachim Käpper, für seinen Kommentar, „In unseren Worten“, erschienen in der SZ am 25. Februar 2023: Ein Kommentar, nicht primär zu einem transatlantischen Thema, jedoch über die Macht großer Rhetorik zwischen den USA und Russland.
„Es ist ein Wunder“ | Christian Zaschke
SZ, 21.11.2022
Mit dem George F. Kennan-Award wird 2022 ausgezeichnet der Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Christian Zaschke, für seinen Kommentar „Es ist ein Wunder“, erschienen in der SZ am 21. November 2022.
„America the beautiful“ | Andrian Kreye
Süddeutsche Zeitung, 23. Januar 2021
Kreye schreibt über niemanden anderes als sich selbst, wenn er feststellt: „Die Liebe zu Amerika hat je nach Lebensalter schon einiges aushalten müssen.“ Tatsächlich haben diese USA allen Freunden und Nahestehenden eine emotionale Achterbahnfahrt zugemutet in den letzten Jahren. Aber war es jemals anders? Kreye ist im Herzen Feuilletonist, aber er hat den Kulturbegriff auf die Gesellschaft in ihrer vollkommenen Breite ausgedehnt. Wenn seine Liebe zu Amerika eine „Liebe der Kultur“ ist, wie er schreibt, dann fühlt man mit ihm die prägende Kraft der Präsidialdemokratie, die Wucht Bob Dylans oder der Gangsta Rapper, die Faszination für Raumfahrer und Internetpioniere, für Forscher und alle anderen Zukunftsträumer. Amerika als ganz schöne Zumutung – immer wieder.
“Trumps langes Ende” | Majid Sattar
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. November 2020
Sattar beobachtet in diesem Beitrag, wie schon seit Jahren, mit ruhigem Blick ein unruhiges Land. Seine sachlichen und stets unideologischen Analysen und Kommentare stehen im beruhigenden Kontrast zum schrillen Polit-Alltag unter damals noch Präsident Trump. Er nimmt der Aufgeregtheit die Hysterie und vermittelt in fast schon historisierendem Ton, was von dem Schauspiel übrig bleibt.
„Nach Bolton ist vor Bolton“ | Prof. Michael Stürmer
Die Welt, 13. September 2019
„Lady Liberty Leidet“ | Marie-Astrid Langer
Neue Züricher Zeitung, 20. Januar 2018
Beim Amtsantritt von Donald Trump hat das weltoffene Amerika stets auf die Stärke der US-amerikanischen Institutionen verwiesen. Diese würden den anti-demokratischen Präsidenten mit der bloßen Kraft der realpolitischen Realitäten bändigen, „checks and balances“ eben. Die Enttäuschung folgte schnell. Trump schleift in unermüdlicher Handarbeit die Institutionen, nicht diese ihn. Langer hat in dieser Situation eine Gegenthese entwickelt. Die checks and balances der USA griffen, schreibt sie. Die Wirtschaft zum einen floriere und halte damit dem Wahnwitz Donald Trumps statt. Die Zivilgesellschaft andererseits sei aus einem Dornröschenschlaf erwacht, in den sie mit der Wahl Obamas gefallen sei, und engagiere sich intensiv. Langer formuliert damit eine ganz andere, eine nicht etatistische Interpretation von checks and balances.
„Die neue Pest“ | Hubert Wetzel
Süddeutsche Zeitung, 4. August 2017
Wetzel hat sich schon früh in Reportagen und Analysen mit der grassierenden Heroin-Epidemie in den USA auseinandergesetzt. Seine ausgezeichnete Kommentierung leuchtet eindrücklich ein soziales Problem aus, das viel über den Zustand der amerikanischen Gesellschaft, aber auch das politische Klima im Land aussagt. Nicht zuletzt ist es das Gefühl von Ausgrenzung und Vernachlässigung, das große Wählergruppen aus gesellschaftlich schwachen Schichten für Donald Trump stimmen ließ.
„Warum sah ich seinen Sieg nicht kommen“ | Ansgar Graw
Die Welt, 12. November 2016
Ansgar Graw beschreibt in seinem ausgezeichneten Text den Umgang mit der Tatsache, dass auch er Donald Trumps Wahlsieg nicht vorausgesehen, ja mehr noch: ihn für unmöglich gehalten hat. Im Dialog mit seinem Klempner, der ihn dafür kritisiert, gelingt es Graw meisterhaft, die Argumente für seine einstige Meinungsbildung zu erläutern und diese Meinung gleichzeitig einzuordnen und neu zu bewerten. Er tritt seinem Gesprächspartner und seinen Leserinnen und Lesern dabei weder mit der Rhetorik einer beleidigten Leberwurst noch als Besserwisser gegenüber. Damit wird Graws Kommentar zum „Ich habe verstanden“ einer ganzen Branche, die durch diese Selbstbespiegelung nicht schlechter sondern besser wird. In einer Zeit, in der sich Journalismus vielerorts harscher Kritik ausgesetzt sieht – auch der, sich für unfehlbar zu halten -, ist das mutig und wichtig zugleich: Der Selbstzweifel als Befreiungsschlag!
„Trumps Ernte“ | Nicolas Richter
Süddeutsche Zeitung, 10. September 2015
In diesem Kommentar warnt Richter zu einem sehr frühen Zeitpunkt eindringlich vor der populistischen Wucht und Überzeugungskraft Donald Trumps. Er analysiert in dem Stück den Grad der Zerstörung der Republikanischen Partei und erklärt, warum ein Typ wie Trump zum Ventil für den Zorn so vieler Amerikaner werden konnte. Trump, ein im Kern unpolitischer Geschäftsmann, wandelte den Nihilismus dieser Klientel in Kapital für seine Präsidentschaftskampagne um. Der Aufstand der Wutbürger hatte begonnen. Richter setzt mit diesem Leitartikel den Ton für viele Analysen zu diesem überraschenden und beherrschenden politischen Phänomen in den USA. Klar in der Sprache und punktgenau in der Gedankenführung ordnet Richter die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in den USA ein – wie in so vielen Stücken, die er in seiner in diesem Sommer endenden Zeit als Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Washington geschrieben hat.
„Der Fremde“ | Uwe Schmitt
Welt am Sonntag, 21. September 2014
In seinem essayistischen und zugleich kommentierenden Beitrag „Der Fremde“, erschienen am 21. September 2014 in der Welt am Sonntag, erzählt er auf anrührende Weise von der Wiederannäherung eines Deutschen an sein Heimatland nach anderthalb Jahrzehnten im Ausland. Mit seinen Beobachtungen, was ihm an Deutschland fremd vorkommt, kommentiert Schmitt unter der Hand die Kultur und den Alltag seines langjährigen Gastlandes USA gleich mit und weckt so Verständnis für Unterschiede. „Pardon, ich kann nicht mehr deutsch sein. Habe es verlernt“, setzt er eingangs den Ton und landet schliesslich bei einer, wenn auch noch schüchternen, Liebeserklärung an Berlin und Deutschland.
„Wider die transatlantische Amnesie“ | Erik T. Hansen
NZZ, 7. Oktober 2013
Als gebürtiger Amerikaner lebt und schreibt Hansen seit 25 Jahren in Deutschland. In seinem am 7. Oktober 2013 in der Neuen Zürcher Zeitung erschienenen Beitrag „Wider die transatlantische Amnesie“ beschreibt Hansen eindrucksvoll, wie Europa die eigene Schwäche in der Weltpolitik durch Schadenfreude über den Machtverlust Washingtons überspielt. Für Hansen verpasst Europa damit eine einmalige Chance: Statt international mit einer Stimme zu sprechen und in globalen Krisen eigene moralische Maßstäbe anzusetzen, verliert sich die Debatte in Mäkelei am Partner USA, der ein Jahrhundert lang auf dem eigenen Kontinent zur Krisenbewältigung benötigt wurde. „Europa hat vermutlich nur etwa zehn Jahre Zeit, vielleicht weniger, um die momentane Schwäche Amerikas auszunutzen“, so Hansen.
„Das Ende des weissen Mannes“ | Martin Klingst
Die Zeit, 15. November 2012
Die Jury vergibt den Kennan-Kommentar-Preis 2012 an Martin Klingst, Leiter des Washingtoner Büros der Wochenzeitung „Die Zeit“ für seinen Kommentar „Das Ende des weissen Mannes“, erschienen am 15. November 2012. Ihm gelang in herausragender Weise, die tieferen Gründe der republikanischen Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2012 nachvollziehbar zu machen. Dabei nahm er sich Colorado vor, einen der Swing States im Herzen der USA, früher von Republikanern dominiert und neuerdings zu den Demokraten tendierend. Er erklärt den gesellschaftlichen Wandel, der zu dieser Neuausrichtung führte und bettet Colorado in die Gesamtlage der Nation ein. Mit ansprechenden journalistischen Mitteln, in gefälliger Sprache, nüchtern und klug analysiert Klingst, welchen Lehren die Republikaner ziehen müssen, wenn sie in Zukunft bei nationalen Wahlen wieder mehr Erfolg haben wollen.
„Die widersprüchlichen USA – Zwischen Religion und Aufklärung, zwischen Tea Party und Occupy Wall Street: Warum die Amerikaner so sind, wie sie sind“ | Hans-Dieter Gelfert
Tagesspiegel, 6. November 2011
Die Jury vergibt den Kennan-Kommentar-Preis 2011 an den emeritierten Professor für englische Literatur und Landeskunde an der FU Berlin, Hans-Dieter Gelfert, für seinen Kommentar „Die widersprüchlichen USA – Zwischen Religion und Aufklärung, zwischen Tea Party und Occupy Wall Street: Warum die Amerikaner so sind, wie sie sind“, erschienen am 6. November 2011. Keine Frage: Es ist sein Spezialgebiet. Und, ja: Er hat sich publizistisch nicht zum ersten Mal mit dem Thema befasst. Aber Journalismus hat eben auch viel mit dem Moment zu tun, in dem etwas erscheint. Am Erscheinungstag des preisgekrönten Artikels hat der Autor seinem Publikum etwas Neues mitgeteilt – und gleichzeitig die zweite Ebene erreicht: die des Verständnisses. Wenn es stimmen sollte, dass wir in Gefahr sind „overnewsed but underinformed“ zu sein, ist Gelferts Analyse ein schöner Beweis des Gegenteils. Wissens-Bruchstücke über die Mentalität der Amerikaner setzt der Autor zu einer Erkenntnis zusammen, die seinen Leserinnen und Lesern die Augen dafür öffnet, warum Amerikaner in aktuellen Fragen so agieren wie sie agieren. So schafft er es, die Brücke zwischen Halb-Wissen und Wissen zu bauen – ein wirkungsmächtiger, schöpferischer Akt. Mehr noch: Es gelingt ihm damit nicht weniger als ein lautes Plädoyer für die Wichtigkeit des Journalismus im so twitterigen digitalen Zeitalter.
„Der blutleere Präsident“ | Christian Wernicke
Süddeutsche Zeitung, 2. November 2010
Die Jury vergibt den Kennan-Kommentar-Preis 2010 an den USA-Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung, Christian Wernicke, für seine Analyse der US-Kongresswahl vom 2. November 2010, erschienen unter dem Titel „Der blutleere Präsident“ als Leitartikel in der Süddeutschen Zeitung zwei Tage später. In Wernickes Deutung des Wahlergebnisses kommt die Erfahrung eines Journalisten zum Tragen, der seit mehr als fünf Jahren die amerikanische Politik und ihre Wahrnehmung in Deutschland von Washington aus beobachtet und so zwangsläufig die Rolle eines Übersetzers zwischen unterschiedlichen Kulturen angenommen hat. Er nimmt in seinem Kommentar das Unverständnis in Deutschland auf, warum Barack Obama, der in Europa bei vielen Heldenstatus genießt, daheim eine so schwere Niederlage erleiden muss. Teils freundlich-erklärend, teils ironisch widerlegt er gängige deutsche Klischees für den Verfall der Zustimmung zu Präsident Obama in den USA. Er setzt ihnen eine Analyse entgegen, die auf großem Einfühlungsvermögen in die amerikanische Seelenlage nach der Finanzkrise beruht. Der Präsident habe den Rückhalt in Amerikas Mitte verloren. Millionen Bürger empfinden seine „staatstragende Agenda als kühn, ja als revolutionär. Was Obama als Modernisierung verordnet, erleben viele als Systembruch. Und als unamerikanisch.“ Wernicke kontrastiert die Obama-Ernüchterung der Amerikaner mit dem hohen Rückhalt, den seine Rückhalt weiterhin in Deutschland genießt. In klarer und zugleich unterhaltsamer Sprache leistet Wernicke einen wertvollen Beitrag zum Verständnis der politischen Dynamik Amerikas unter Deutschen. Und hat am Ende noch Trost für die unbeugsamen Obama-Fans unter seinen Lesern parat: Falls Obama aus dem Wahlschaden klug wird, kann er 2012 wieder als Held dastehen – sowohl bei Europäern als auch bei Amerikanern.
Stefan Tomik erhält eine lobenden Erwähnung für seinen Leitartikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zu Wikileaks, dem journalistischen Metathema des vergangenen Jahres. Der Jury gefällt der frische und exzellent verfasste Kommentar über die Frage, ob das Tun der Gruppe um Julian Assange falsch oder richtig war. Stefan Tomik nimmt dabei eine ungewöhnliche, journalismuskritische Position ein. Für die einen in der Jury ein mutiger Text, für andere ein intellektuell waghalsiges Vorgehen. Der Beitrag von Stefan Tomik war gewiss nicht unumstritten. Gleichwohl war sich die Jury einig darin, den Leitartikel mit einer lobenden Erwähnung jene Ehre zukommen lassen, die ihm nach Meinung aller gebührt.
„German Angst“ | Roger Cohen
Süddeutsche Zeitung Magazin, 20. März 2009
Die Jury vergibt den Kennan-Kommentar-Preis 2009 an den langjährigen Berlin-Korrespondenten der New York Times und Kolumnisten der International Herald Tribune in Paris, Roger Cohen, für seine Analyse „German Angst“, erschienen im Magazin der Süddeutschen Zeitung vom 20. März 2009. In seinem Beitrag widmet sich der Autor auf überzeugende und überraschende Weise dem transatlantischen Verhältnis, indem er die Veränderungen der Beziehung beider Länder an der Veränderung des anglo-amerikanisch geprägten Begriffs der „German Angst“ spiegelt. Cohen beschreibt den Wandel der deutschen Mentalität zudem in einer für Kommentare nicht immer selbstverständlichen klaren und zugleich unterhaltsamen Sprache. Cohen hatte den Kennan-Kommentar-Preis bereits einmal im Jahr 2000 erhalten.
„Die Botschaft der Botschaft“ | Niklas Maak
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20. April 2008
Die Jury vergibt den Kennan-Kommentar-Preis 2008 an den Berliner Korrespondenten der FAZ, Niklas Maak, für seinen am 20. April 2008 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen Beitrag „Die Botschaft der Botschaft“. Dieser Text ist in seiner Kommentarform sehr ungewöhnlich und deshalb in diesem an Kommentaren zu den US-Präsidenten Bush und Obama überreich bestückten Jahr besonders preiswürdig, weil es ihm gelingt, die weltpolitische Stellung Amerikas und die Identitätsprobleme der USA mit einer klassischen Architekturkritik zu beschreiben.
Lobend erwähnen möchte die Jury den SZ-Korrespondenten Nikolaus Piper mit seinem Kommentar „Wendejahr 2008“, erschienen in der Süddeutschen Zeitung am 31. Dezember 2008. Trotz aller Zeitgenossenschaft nimmt Piper eine beeindruckende Distanz ein und beschreibt mit großer Weitsicht, was 2008 geschah. Er begreift Wirtschaftspolitik dabei als Weltpolitik.
„Ami, go home“ | Jacob Heilbrunn
Süddeutsche Zeitung Magazin, 7. Dezember 2007
Die Jury vergibt den Kommentar-Preis 2007 an den US-Journalisten Jacob Heilbrunn, White House-Korrespondent der Zeitschrift National Interest und 1994 Burns Fellow, für seinen Beitrag „Ami, go home“, veröffentlicht am 7. Dezember im Magazin der Süddeutschen Zeitung. Die Begründung der Jury lautet: „Heilbrunn ist ein sehr differenzierter Kommentar gelungen, der den US-Wahlkampf genau analysiert, die wesentlichen Besonderheiten des Wettstreits gut herausarbeitet und teils überraschende Einblicke gewährt. Der Autor beschreibt, wie der US-Präsident durch sein glückloses Agieren eine zeitweise fast diskreditierte politische Strömung, den amerikanischen Liberalismus, wieder neu befeuert hat. Heilbrunn macht diese Feststellung an einem Vergleich zwischen dem Demokraten Al Gore und dem Republikaner George W. Bush fest: Während Bush in seinen zwei Amtszeiten Stück für Stück an Ansehen verlor, stieg das Ansehen des einstigen Wahlverlierers Al Gore stetig. Durch solche Beispiele gelingt es Heilbrunn, den Text trotz der Tiefe der Analyse stets überraschend und lebendig zu halten. Er leistet damit, was ein sehr guter Kommentar leisten muss: eine neue Perspektive auf das Thema zu entwerfen. Hinzu kommt Heilbrunns offene, klare Sprache, die sich wohltuend vom häufig einheitlichen Jargon vieler Kommentare absetzt.“
Ausdrücklich erwähnt werden muss laut Meinung auch der Jury Illustrator Christoph Niemann, dessen markante Zeichnungen als Jahresvignetten der Ära Bush einen weiteren, wesentlichen und durchaus überraschenden Reiz der Präsentation dieses Kommentars ausmachen.
„Nach dem Fiasko“ | Dr. Josef Joffe
Die Zeit, 9. März 2009
Die Jury erkennt der Kommentar-Preis für 2006 Dr. Josef Joffe, Mit-Herausgeber der Zeit, für seinen Kommentar „Nach dem Fiasko“, erschienen in der Zeit am 9. März 2006, zu. Die Begründung lautet: „In diesem Beitrag beeindruckt Joffes ausgreifende Analyse der ungewollten Machtverschiebung im Mittleren Osten durch den Irak-Krieg. Iran ist der Gewinner des amerikanischen Fiaskos. Der Kommentar besticht durch eine klare und anschauliche Sprache. Joffe gelingt es zudem, in sein Hauptthema, die amerikanische Irakpolitik und deren unbeabsichtigten Nutzen für den Iran, auch weitere Handlungsstränge zu verweben. Hier sind das Verhalten der Bundesregierung und die Atompolitik gegenüber Indien zu nennen, die den nuklearen Nichtverbreitungspakt unterläuft. So wird aus einer Analyse der Folgen des Irak-Krieges für die Machtbalance im Mittleren Osten ein Lehrstück weltpolitischer Zusammenhänge und Wechselwirkungen.“
„Wir befinden uns in Preußisch-USA – Deutschlands missverstandene Amerikanisierung“ | Andreas Geldner
Stuttgarter Zeitung, 14. Mai 2005
Die Jury erkennt der Kommentar-Preis für 2005 Andreas Geldner, Redakteur der Stuttgarter Zeitung, für seinen am 14. Mai 2005 erschienen Beitrag „Wir befinden uns in Preußisch-USA – Deutschlands missverstandene Amerikanisierung“ zu.
Die Begründung lautet: In seinem Beitrag hinterfragt Geldner die in jüngster Zeit immer häufiger vorgetragenen Forderungen deutscher Unternehmer und Politiker nach einer stärkeren Amerikanisierung des Wirtschaftlebens und legt die Oberflächlichkeit dieser Appelle offen. Denn es sei eine „Amerikanisierung à la carte“, die da gefordert werde, ein „Preußisch-Amerika“. Die tatsächlichen Eigenschaften der Amerikaner, so der Autor, die Neugierde, das Interesse, Neues zu probieren und zu akzeptieren, dass man dabei auch scheitern könne, würden gerade die Wortführer der Amerikanisierung oft nicht erfüllen. Mit seinem Beitrag bringt Geldner in präziser Sprache einen neuen, unerwarteten Gedanken in eine festgefahren wirkende Debatte ein.
Lobend erwähnen möchte die Jury zudem Thomas Spang, USA-Korrespondent für verschiedene Regionalzeitungen für seine vierteilige Serie „Grenzen der Macht“, erschienen in der Saarbrücker Zeitung . Hier fand die Jury bemerkenswert, dass eine solche Serie in dieser Ausführlichkeit in einer Regionalzeitung möglich ist und dass Ansatz sowie Zeitpunkt der Serie gut gewählt sind.
Die Preisträger:innen vor 2005 sind:
- Matthias Rüb (2004)
- Stefan Kornelius (2003)
„Die Kunst der Kriegsvermeidung“ | Süddeutsche ZeitungClemens Wergin (2003)
Für eine Reihe von Kommentaren im Tagesspiegel und der Chicago Tribune - Robert von Rimscha (2002)
„Das verkaufte Paradies“ | Tagesspiegel
- Christoph von Marschall (2001)
„Die Treue und der Beweis“ | Tagesspiegel
Steven Erlanger (2001)
„Brutal egal“ | Tagesspiegel - Roger Cohen (2000)
„Zehn Jahre deutsche Einheit – der Blick von außen“ | Deutschland Magazine